Govaert Flinck (* 25. Januar 1615 in Kleve; † 2. Februar 1660 in Amsterdam)


Alter Mann mit roter Kappe 
s l1600 1 1

Govaert Flinck (1615-1660)

Govaert Flinck (* 25. Januar 1615 in Kleve; † 2. Februar 1660 in Amsterdam) nach
Alter Mann mit roter Kappe
Bez. u. li.: G flinck:f / 16.. (letzte zwei Ziffern nicht sicher lesbar)
Öl auf Holz, 71,5 x 53,5 cm

 

Expertise

 
Holländisch, um 1640, 
nach Govaert Flinck
Alter Mann mit roter Kappe 
Bez. u. li.: G flinck:f / 16.. (letzte zwei Ziffern nicht sicher lesbar)
Öl auf Holz, 71,5 x 53,5 cm
Privatbesitz 
 
Das vorliegende Gemälde wiederholt in großer Detailgenauigkeit das Bild von Govaert Flinck, Bärtiger Alter mit roter Mütze (Bez. u. li.: G.flinck.f /1639, Öl auf Eichenholz, 71 x 54 cm), das sich in der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Galerie – Nr. 1600, befindet. Es handelt sich wie sein Vorbild um ein tronje (Niederländisch: Charakterkopf), einen Bildtyp, wie er für Rembrandt, Jan Lievens, sowie unter deren Einfluss vor allem Govaert Flinck, Ferdinand Bol und Willem Drost in den 1630er Jahren in Leiden und vor allem in Amsterdam typisch war. Nachdem Flinck sich um 1635 in Amsterdam niedergelassen hatte, arbeitete er etwa ein Jahr lang in Rembrandts Atelier, wo er sich auch unter dessen Einfluss besonders der Schilderung von Brustbildern in phantastischen Kostümen widmete. Man bediente sich in Rembrandts Kreis dabei offenbar weniger Modelle, die nicht als Porträts, sondern als charakteristische, pittoreske Köpfe, ohne allegorische oder moralisierende Konnotation, dargestellt wurden. Die frühesten derartigen Brustbilder von Govaert Flinck, die sich erhalten haben, stammen aus der Zeit um 1636/37. Das Dresdener tronje von 1639 steht exemplarisch für diese Werkgruppe in seinem Schaffen, die sich von seinen gleichzeitigen, glatter und konventioneller wirkenden Porträts deutlich unterscheiden. 
 
Das vorliegende Gemälde aus Privatbesitz übernimmt die Komposition des Dresdener tronjes bei nahezu identischen Bildmaßen in allen Einzelheiten. Dargestellt ist das Brustbild eines alten Mannes mit charakteristischer gerader Nase und grauem Vollbart in strengem Profil nach links. Er ist mit einer roten Kappe und einer schwarzen, offenen Jacke bekleidet, über die ein weißer Kragen gelegt ist. Der Maler des vorliegenden Bildes, der möglicherweise im Umkreis Govaert Flincks zu suchen ist, war bemüht, die frische, lockere Handschrift Flincks, die auf eine alla prima- Malerei verweist, bis hin zu den in die nasse Farbe eingeritzten Schwüngen im Barthaar so genau wie möglich zu imitieren. In seinem spontanen, summarischen Pinselduktus ging er dabei über das Vorbild hinaus: Die Pinselstriche sind ein wenig breiter und im Bart gerundeter, die Haartracht wirkt daher kompakter. Auch in der Modellierung des Gesichts im vorliegenden Gemälde, das eine etwas gröbere, pastosere, offene Struktur und eine ein wenig stärkere farbige Akzentuierung als das Vorbild aufweist, zeigen sich stilistische Unterschiede zum Werk Govaert Flincks. Details der Kleidung wie etwa die dem Betrachter zugewandte Schulter des Mannes, die im Vorbild Flincks eine darunterliegende rote Farbschicht erkennen lässt, in der vorliegenden Fassung dagegen eine opake schwarze Farbschicht zeigt, verweisen ebenfalls auf den Wiederholungs-Charakter des vorliegenden Gemäldes. 
 
Offenbar handelt es sich bei dem vorliegenden Gemälde um eine zeitgenössische Wiederholung des Originals in Dresden durch einen namentlichen unbekannten Maler aus dem Umfeld Flincks. Auch die (falsche) Signatur des Gemäldes, die diejenige des Originals imitiert, aber dennoch von dieser deutlich abweicht, spricht für eine Wiederholung, möglicherweise auf Grund großer Nachfrage nach Charakterköpfen dieser Art im Amsterdamer Käufer – Umfeld Rembrandts und Flincks. Eine stilistisch dieser sehr ähnliche, jedoch wesentlich kleinere Wiederholung des Dresdener Originals befindet sich im Royal Lazienki Museum in Warschau (Inv.-Nr. LKr 845). Weitere Kopien und Teilkopien, teils deutlich späteren Datums, sind bekannt.     
Dr.Uta Neidhardt